"Photovoltak funktioniert nicht"

... sagte ein Bundestagsabgeordneter unlängst zu mir.

"Um den Energiebedarf von Nordrheinwestfalen zu decken braucht man mehr PV Fläche als das Bundesland selbst."

Das ist eine deftige Behauptung, die sich wunderbar in den Raum knallen lässt. Und jeder denkt an schwarz-silberne Dächer und riesige Felder von schwarzen schrägen Rechtecken.

Aber ist das wirklich so? Und wie hässlich ist ein schwarzes Solardach im Vergleich zu den riesigen Löchern, die der Braunkohleabbau mit Garzweiler in das Land gegraben hat. Schaun wir mal.


Benötigte Energie in NRW

Wir müssen zunächst einmal genau differenzieren. Das o.g. Zitat zerstörte jegliche Diskussion zum Thema Stromerzeugung. Geht es denn nun um den NRW benötigten Strom, oder um die benötigte Energie?

In 2012 benötigte NRW 2.150 PJ (PetaJoule) Energie. Das entspricht rund 597 TWh. Stromverbrauch inclusive.

Der Stromverbrauch lag bei 125 TWh. Das sind 125.000 GWh oder 125.000.000 MWh oder 125.000.000.000 kWh.

http://www.umwelt.nrw.de/ministerium/pdf/energiedaten_nrw_2012_web.pdf


Solarkonstante

In Nordrheinwestfalen scheint die Sonne mit 1.100 kWh/a, also 1,1 MWh. Moderne Solarmodule in 2014 setzen 20% der Einstrahlung in Elektriztät um, also 1100*0.2 = 220kWh/qm.

(Übrigens, ich kann 0.15 Liter Biodiesel pro qm pro Jahr aus einer Ernte generieren, was 0.6 kWh Strom pro Jahr pro qm entspricht)

Wir benötigen 125.000.000.000 kWh, also 125.000.000.000 / 220 = 568.181.000 qm. Puh, 568 qkm, das hört sich viel an. Ist das wirklich ganz NRW?


Grössenvergleiche

568 Qudratkilometer versorgen NRW mit Strom. 2.712 Qudratkilometer PV-Module können den gesammten Energiebedarf von Nordrheinwestfalen decken. NRW ist 34.084 Qudratkilometer gross. Garzweiler ist übrigens 30qkm gross und würde bereit 5% unseres Strombedarfes decken.

Naja, das sind also 8% der Fläche von NRW. Und obwohl es sicherlich unrealistisch ist, 8% von NRW mit PV-Modulen zu überziehen, so ist dieser Wert trotzdem weit von der ursprünglichen Behauptung entfernt.

1.5% der Fläche von NRW würde das Land mit Strom versorgen. Das ist die Fläche von Düsseldorf und Dortmund zusammen. Aber so darf man nicht rechnen. Keiner wir zwei Städte planieren um PV-Module aufzustellen.


Zurück zur Realität

Keiner wird zwei Städte planieren um PV-Module aufzustellen. Andererseits planieren wir relativ kalglos Dörfer und Landschaften, um Braunkohe abzubauen.

Für Garzweiler hat man zweiundzwanzig Dörfer zerstört, die Einwohner umgesiedelt und ein unvorstellbares Loch gegraben. Fahren Sie mal hin. Es ist grausam. Und das schlimmst ist: das Loch bleibt, denn die Kohle ist unwiederbringlich verbrannt. Sie ist vergast worden, in Wärme umgewandelt, in CO2 und andere schädliche Gase.

http://de.wikipedia.org/wiki/Tagebau_Garzweiler


Woher soll die Fläche kommen?

Natürlich ist es Unsinn, 2.700 qkm Äcker, Felder, Wälder oder Parks zu vernichten, um Energie zu erzeugen. Aber wir haben ja bereits grosse Flächen, die völlig ungenutzt sind, z.B. Dachflächen. Inzwischen ist es sogar möglich, Strassen und Gehwege mit PV nachzurüsten.

Reicht das?

Siedlungs- und Verkehrsfläche in NRW ist 7.761 qkm. Die Hälfte davon, also 3800 qkm sind versiegelt (Dächer, Asphalt).

Ja, das reicht!


Schlussfolgerung

Würden wir in NRW alle Dächer mit PV Modulen ausstatten könnten wir problemlos den Stromverbrauch des Landes auf das Jahr gesehen decken. Statten wir noch Bürgersteige und Parkplätze mit PV aus, dann schaffen wir ziemlich genau den kompletten Energiebedarf des Landes.

Den kompletten Energiebedarf, alle Industrien, alle PKWs, die über die Auobahn huschen, alle Ölheizungen in unseren Häuser, restlos alles.

Wir könnten alle Kraftwerke abschalten, jeglichen Gas und Ölimport aufgeben, keine Kriege mehr führen.


Probleme

Zwei Probleme gibt es natürlich.

1. scheint im Winter weniger Sonne. Es muss also nicht nur eine Kurzzeitspeicherung stattfinden, um die Nächte zu überbrücken, sondern auch eine 9-Monats-Speicherung um auch im Winter versorgt zu sein.

2. muss natürlich in die Module investiert werden. Hier finden wir erstaunliches. In 2014 kostet Strom aus einem neu zu bauenden Kernkarftwerk über 10 ct, währen Solarstrom inzwischen bei 6 ct liegt. Wow!

Was lernen wir daraus?

1. Wir müssen dringend Speichertechnologien erforschen und schnellstens implementieren.

2. Wir sollten keinesfalls in herkömliche Kraftwerke investieren, wenn wir Energie auch ohne die Verbrennung von fossilen Brennstoffen erzeugen können.